09.06.2016, Züritipp

Finden Sie ihr Glück?

An einem Ort, der ihren Vorgängern wenig Glück brachte, setzen die erst 25-jährige Chefin Sarah-Lee Haab und ihr Team auf Bodenständig-Kreatives. Die Chancen stehen gut, dass sie damit Erfolg haben wird.

Von Stephanie Rebonati
Bild: Thomas Burla

Die Ausgangslage war eine brenzlige. Würde es an diesem Abend zu einem Abstieg kommen? Oder sogar zu deren zwei? Ein Teil der Familie feuerte im Letzigrund den FC Zürich an, der andere machte im neueröffneten Restaurant Wöschi in Wollishofen einen Testbesuch. Vorweg nur so viel: Beim Apéro war die Welt noch in Ordnung.

Nach dem Hauptgang aber war einigen Familienmitgliedern mulmig zumute. Dabei liess das Aufwärmtraining nur Gutes verheissen. Der Rosé-Prosecco und Blanc de Blanc machten locker. Der Gruss aus der Küche, grüner Spargel, Radieschen und Portulak an Vinaigrette, mundete hervorragend. Wir sassen auf einem Kiesplatz umgeben von Blumenkisten, im Hafen schaukelten Boote, Jogger und Spaziergänger gingen an uns vorbei. Zeit, um die Teamaufstellung zu studieren.

In der Küche der Chef: der 28-jährige Zürcher Basil Anselmi. Er lernte sein Handwerk im La Salle, kochte im Lumière und in seiner Heimat Mittelitalien. Im Betrieb an der Front: der 25-jährige Zuger Stefano Endrizzi. Er absolvierte während der Hotelfachschule Praktika im Giardino in Ascona und bei Andreas Caminada im Schloss Schauenstein. Captain und Herz der Mannschaft: die 25-jährige Zürcherin Sarah-Lee Haab. Sie stieg nach der Hotelfachschule in die Firma ihres Stiefvaters ein. Heute ist Haab Geschäftsführerin der Uptown Gastro, die in Zug zwei erfolgreiche Lokale führt: das GG6 und die Skylounge.

Als im Letzigrund die Partie angepfiffen wurde, sassen wir in der Wöschi an einem sieben Meter langen Tisch aus heimischer Eiche. Über uns zwei grosse, weisse Kronleuchter, vor uns eine kleine Karte mit vielen Hintergrundinformationen zu Produkten und Lieferanten. Nach einer Runde fruchtigem Walliser Petite Arvine (8 Fr./dl.) wurde aufgetischt. Der Sommersalat an Hausdressing (13.50 Fr.) war frisch und voluminös, auch der grüne Spargel mit Sbrinz-Mayo, pochiertem Ei und Rohschinken (29.50 Fr.) überzeugte geschmacklich. Nur dürften es zu diesem Preis bestimmt zwei Spargeln mehr auf den Teller schaffen.

Es blieb spannend. Die hausgemachten Ravioli mit Ricotta und Morcheln (32 Fr.) begeisterten, so schmeckt wahre Pasta fresca! Der Rindsburger im Laugenbrot mit Greyezer und Zwiebelconfit (32.50 Fr.) war ein Erfolg, weil saftig und nicht zu deftig, die Lachsforelle auf Risotto mit Pak Choi (34.50 Fr.) ganz tadellos, aber nicht spektakulär.

Was hingegen wahrlich spektakulär ist: der Service. Sarah-Lee Haab und ihr Team verstehen ihr Handwerk, sind aufmerksam und kompetent. Das imponiert, zumal die Zürcher Gastronomie diesbezüglich teilweise in einer unterklassigen Liga spielt. Anders als der FCZ stieg die Wöschi an diesem Abend nicht ab. Wir wünschen dieser jungen, ambitiösen Mannschaft alles Gute, schliesslich tritt sie kein einfaches Erbe an: Hier sind bereits vier Gastronomen gescheitert. 

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