27.04.2017, Züritipp

Nudelglück dank Schätzeli

Fast jeder in der Stadt liebt Ramen. Um die japanischen Nudeln perfekt hinzubekommen, brauchts aber ganz viel Spürsinn. Und eine Maschine, die gleich viel kostet wie ein kleines Auto.

Von Stephanie Rebonati
Bilder: Thomas Burla

Die elegante Maschine aus Chromstahl, die in einer kleinen Küche im Kreis 3 steht, ist etwas ganz Besonderes. Nicht nur, weil sie so viel kostet wie ein Kleinwagen. Sie ermöglicht es den Geschwisterlokalen Ikoo und Miki, selbstgemachte Ramen anzubieten. Vor der Ära des japanischen Prunkstücks mit dem Kosenamen Schätzeli mussten die Nudeln für die beliebten Suppen aus Fernost eingeflogen werden.
 
Seit Mitte März produziert der Koch Nico Dubs nun dreimal pro Woche frische Ramen. Aus Weizenmehl, Wasser, Salz und Kansui, einem kalium- und natriumkarbonathaltigen Pulver, das ihnen die gelbliche Farbe und den typischen Geschmack verleiht. Ehe Dubs loslegt, inspiziert er Schätzeli sorgfältig. Dann hebt er flockigen, an Streusel erinnernden Teig aus einer Knetwanne und füttert die sanft brummende Maschine damit. Der Teig wird mehrfach gewalzt, aufgerollt und gekühlt, bevor die krausen Ramen exakt portioniert auf das Laufband plumpsen.
 
Über 1000 Portionen pro Monat werden aus der Produktionsküche mit dem Velo ins Miki und ins Ikoo ausgeliefert. Dort landen die Nudeln zusammen mit würzigen Brühen in tiefen Schüsseln. «Ein Herzensprojekt», sagt Mitinhaber Patrik Gertschen. Er und seine drei Geschäftspartner setzten sich in den letzten zwei Jahren intensiv mit der Ramenproduktion auseinander – um ökologischer zu werden. Unter der Berücksichtigung von Luftfeuchtigkeit und Wasserhärte tüftelten sie im Zehntelbereich an Rezepturen, arbeiteten mit Chemikern, degustierten bis zum Umfallen. Es stellte sich als Knacknuss heraus, ein traditionelles japanisches Rezept mit Schweizer Zutaten umzusetzen. Doch vor ein paar Monaten hatte es ihr Schätzeli endlich geschafft. Die Maschine gebar perfekte Ramen. Und seither brummt sie gemächlich vor sich hin.
 
In Japan finden sich mehr auf Ramen spezialisierte Restaurants als andere Lokale. Es gibt Apps, Datenbanken, Castingshows, Themenparks, Comics und Dissertationen, die sich alle nur um eins drehen: Ramen. 1994 wurde in Yokohama gar ein Museum zu Ehren der Nudeln errichtet, seit 1996 spielt die Ballade «Ramen Tears» im Radio. Der Film «Tampopo» ist jedem Fan ein Begriff. In einer Szene fragt ein junger Mann: «Meister, koste ich zuerst die Nudeln oder die Brühe?», worauf ein Greis entgegnet: «Weder noch. Beobachte das Ganze: die glänzenden Bambussprossen, den sinkenden Seetang, die schwimmenden Frühlingszwiebeln, liebkose die Oberfläche mit den Stäbchen, nimm das Aroma wahr, zolle Respekt.»

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